...ein längliches Gesicht einer Frau...
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Ein enger Spalt zwischen zwei hohen Gebäuden, ein Durchbruch in einer mit blinden Fenstern verkrusteten Wand. Ein seltsamer Durchgang in eine andere Welt. Dort, herumrennen Hunde und Kinder. Hier, eine leere Straße und Staubklumpen, die vom Wind getragen werden. Ein längliches Gesicht, das mir zugewandt ist: schmale Lippen, hohle Wangen, stille Augen (vielleicht braune) - ein Frauengesicht, Milch und Blut, Wunsch und Qual, Göttlichkeit und Verdorbenheit, Gesang und Stummheit. Ein altes Haus in dem Griff wilder Traubenbüsche in den Abgründen eines Gartens. Weiter links, vertrocknete Apfelbäume, rechts flattern zerstreute gelbe Blätter in der Luft, auch wenn die Äste der Büsche keinen Rauschen zeigen ...
So bin ich an diesem Morgen (irgendwelchen Morgen) unter einem Vorzeichen schmerzhaft klarer Bilder aufgewacht, die du nicht selbst erfinden oder auswählen kannst. Jemand anderes tut es für dich und sie dröhnen in der Stille und dringen in das noch schlafende Gehirn ein und wieder verschwinden sie. Unmöglich, sie zu löschen Diese stille Vorahnung wird deinen ganzen Tag färben. Du wirst nicht entkommen, du kannst diesem Vorzeichen nicht entkommen. Du solltest deine Augen nicht öffnen. Du solltest dein Kopf nicht vom Kissen erheben. Aber du gehorchst und öffnest deine Augen und siehst wieder deine Zimmer, die Bücher in den Regalen, die Kleider, die auf den Stuhl geworfen sind. Du fragst dich unwillkürlich, wer die Melodie gewählt hat, in der du lebst. Warum musst du diesem Ton einfach folgen und nicht einem anderen? Wer ist der geheime Demiurge deines Unglücks? Ist es wenigstens dir erlaubt, deine Melodie zu wählen, oder ist dein Verstand bereits ein Gefangener von Ihnen und verkettet?
Es ist wichtig zu verstehen, ob es sich bei diesen Bildern um ein Gewirr von zuvor gesehenen Orten, um Gesichter oder um Szenen ohne Ereignisfarbe handelt oder ob sie zum ersten Mal gezeigt werden. Erinnerungen färben das Leben mit mehr oder weniger bekannten Farben. Und es ist gefährlich an jenem Tag, der ohne Visionen beginnt. In jenen Tagen sind die Abgründe weit offen und die Tiere fliehen aus dem Käfig. An solchen Tagen wiegen die geringsten Dinge mehr als die schweren, die Kompasse zeigen Richtungen an, die keinen Namen haben. Und solche Tage sind immer unerwartet. Und so heute (wenn heute war heute) ... in den Abgründen eines Gartens, ein längliches Gesicht einer Frau, ein Durchbruch in einem dichten Wand von Blindfenstern ...
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