Am Tag meiner Ankunft in Vilnius war es mein Ziel, eine neue Kampfkunst zu finden. Die Suche danach dauerte elf Monate. Bis ich den Meister traf.
Nach dem Umzug nach Vilnius habe ich viel gelernt. Eine neue Realität. Neue Leute, neue Kultur. Neue Mentalität. Neue Farben, neue Aromen, neue Düfte ... eine andere Welt als die Welt, aus der ich gekommen war.
Das Wichtigste, das ich gelernt habe, war eine Wahrheit, die ich in einem Buch der litauischen Autorin Kristina Sabaliauskaitė über Vilnius entdeckte.
In Litauisch klang es so: "Niekas šiame mieste nėra tai, kas gali pasirodyti iš pirmo žvilgsnio".
Es ist wichtig, das in der ursprünglichen kalba, Sprache, zu zitieren. Weil man vielleicht den merkwürdigen und unverständlichen Ton erkennen kann, der mich beim Lesen schlugt. Denn diese bis dahin verborgene und unbekannte Wahrheit, smogė, haute mich mit der Schwere ihrer Brutalität.
"Nichts in dieser Stadt erscheint, was auf den ersten Blick so aussieht". Ja, diese flache Übersetzung in eine mir bekannte Sprache, die jedoch nicht meine Muttersprache war, ließ mich die Bedeutung dieses unheimlichen Satzes verstehen.
Eine Art Tromp-l'oeil-Satz war dieser Satz in der Originalsprache.
- Kampfkunst und Liebe sind untrennbar miteinander verbunden - war ein anderer Satz des Meisters.
Ich war nicht auf der Suche nach Liebe, als ich ankam, ich hatte Liebe. Ich war verliebt. Ich bin aus Liebe nach Vilnius gekommen. Ja, ich hatte Liebe als Objekt vor einem Subjekt. Wie Ich vor Mich. Wie Ich zwischen Michselbst und Mich.
Oder zumindest suchte ich nicht nach dieser Art Liebe. Die Liebe, über die der Meister sprach, war nicht diese Liebe die ich schon gehabt habe. Aber etwas anderes.
Eines Abends sah ich den Meister. Er tanzte. Es schien elektrisch zu sein. Vielleicht ein halber Tiger, eine halbe Schlange.
Er bewegte sich wie ein Derwischtänzer und hatte die Flexibilität einer Katze.
Vor ihm versuchte eine Frau mit zwei Messern, ihn zu schlagen und zu schneiden. Der Meister bewegte seinen Körper wie eine Welle, wie ein Strom, der sich vor dem Abschneiden der Waffe von rechts, links, oben und unten zurückzog.
Aber er zurückzuckte nicht aus Angst, nicht aus Entsetzen. Nur ein friedliches Grinsen gab seiner Handlung Kraft.
- Die Hauptfrage ist, wie wir unser tägliches Leben in Glück verwandeln können. Ohne zu denken, was in der Kampfkunst sehr effektiv ist. Keine Technik funktioniert, aber der Mann, der du bist (es zählt nicht, ob er Kämpfer ist oder nicht).
Eine spätere Antwort auf meine Befragung. Zu meiner Verwirrung vor der übertriebenen Anzahl von Kampfkünsten, zu dem Versprechen, eine wirksamer zu sein als der andere. Viele Stile, Meister und Herangehensweisen, die mir wie ein Dschungel vorkamen.
- Sie bringen nicht die Ruhe in deinem Herzen - er antwortete auf mein Schweigen.
Die Ruhe, mit der er in dieser Nacht vor den Messer der Frau tanzte, war lebhaft. Es war in meinen Augen wie ein Film, den ich angeschaut und wieder angeschaut habe ...
Eine Sache, die ich nach meiner Ankunft in Vilnius bald erlebte, war das Gefühl, von Feinden umgeben zu sein.
In Vilnius fehlte die Freundlichkeit. Schöne Mädchen ohne Lächeln liefen auf die Straßen, saßen in Cafés und arbeiteten anonym hinter den Kassen.
Ich habe mich nicht willkommen gefühlt. Ich fühlte mich ausspioniert. Aber von wem?
Durch ein System sollte ich sagen. Lebendiges und organisches System. Ich fing an, dieses System zu erkunden, um die Umgebung zu verstehen, in die ich vorbeigekommen war.
Vilnius miestas - gyvenimo logika čia ne visuomet veikia [...] Vilniuje nutikdavo ir nutinka tikrų monų, daß Vilnius eine fremde Stadt war, bestätigt nochmal die Schrifstellerin Kristina Sabaliauskaitė. Eine Stadt, in der die Logik des Lebens nicht immer funktionierte, sagte sie, wo ungewöhnliche Dinge oft geschehen sind und immer noch passieren.
Aus all diesen Gründen ging ich davon aus, dass die Liebe, von der der Meister sprach, andere Farbtöne und angemessenere Farbtöne haben sollte und der Logik dieser Stadt angemessen sein sollte.
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